Blechspielzeug mit technischen Raffinessen
Wäre das Objekt des Monats nicht hinter der Vitrine – den ein oder anderen Museumsbesucher würde es sicherlich reizen, das kleine windschnittige grüne Garagenauto aus Blech durch die ständige Ausstellung flitzen zu lassen. Das Schuco-Funktionsauto mit der Nummer „1750“ war einst Erfolgsmodell des Nürnberger Spielzeugherstellers. Schuco, bekannt für seine innovativen Patente, brachte 1938 das Modell „Garagen-Auto 1750“ auf den Markt. Die Produktion des Modells wurde bis 1960 aufrechterhalten. Vor- und Nachkriegsauto unterscheiden sich in wenigen Punkten. So ist das Auto von 1938 aus einem Stück gegossen mit Chrombeschlägen und besitzt einen stromlinienförmigen Kühlergrill. Bei den Modellen nach 1945 wurden die silbernen Felgen durch rotlackierte ersetzt, der Stoßfänger wurde gesondert angebracht. Auch die Kühler- und Lichtanlage unterscheiden sich deutlich vom ersten Modell.
Einmal um die Kurve geflitzt
Bei dem „1750“ handelt es sich aber nicht nur um ein gewöhnliches Auto, das die Mädchen und Buben auf dem Boden entlangschoben. Im hinteren Kotflügel der Beifahrerseite lässt sich durch den kleinen runden Durchbruch mit Hilfe eines Spezialschlüssels ein Uhrwerkantrieb aufziehen. Lässt man das Auto los – flitzt es auf und davon. Doch damit nicht genug. Das Auto besitzt sogar einen Vorwärts- bzw. Rückwärtsgang. Der langsamere Rückwärtsgang lässt sich durch das Herausziehen der hinteren Stoßstange einstellen. Stößt das Auto beim Rückwärtsfahren an einen Gegenstand, so stellt sich der Vorwärtsgang automatisch ein. Die findigen Ingenieure von Schuco haben noch zwei weitere technische Attraktionen eingebaut. An der vorderen Stoßstange ist ebenfalls ein kleiner Hebel angebracht, der die Fahrtrichtung von links nach rechts und wieder geradeaus bestimmen kann. Doch was tun, wenn die Fahrt unterbrochen werden soll? Hierauf bietet der kleine Hebel in der rechten Frontscheibenhälfte die Lösung. Zuerst sieht er aus wie ein Scheibenwischer, doch er dient als Stophebel bzw. tätigt man ihn nach links, so nimmt das Auto wieder Fahrt auf.
Als Zubehör zum Auto gibt es die Schuco-Garage, die im Sammlungsbestand des Industriemuseums bisher leider noch fehlt. Dank des Rückwärtsgangs fährt das Auto mit aufgezogenem Werk von selbst in die Garage. Geschlossen werden die Türen manuell. Zum Öffnen hat Schuco ein weiteres Patent angemeldet. Seitlich der Garage befindet sich ein kleines Telefon. Drückt man die Hörergabel oder zieht an der Hörerschnur, öffnet sich das Tor und das Auto flitzt wieder davon.
Inzwischen ein begehrtes Sammelobjekt
Inzwischen sind die alten Schuco-Autos begehrte Sammlerobjekte mit Kult-Status. 1912 gründeten der Werkzeugmacher Heinrich Müller und der Kaufmann Heinrich Schreyer die Firma „Schreyer & Co.“, die innovatives mechanisches Blechspielzeug entwickelten. 1921 entstand durch eine Umstrukturierung der Firmenname Schuco, der sich aus „Schreyer und Co.“ zusammensetzt. Die bis dahin unbekannten Funktionsautos erregten in den 1930er Jahren weltweit Aufsehen. Einige Modelle erreichten die Käufer als Baukastenprinzip für den Selbstbau. „Fernlenk-Auto 3000“, „Acoustico 2002“, „Kommando-Auto“ oder das Radio-Auto 5000“ sind neben dem „1750“ wegweisende Modelle der 1930er Jahre, die nach dem Zweiten Weltkrieg, neben vielen neuen Modellen mit allerlei technischen Raffinessen, noch viele Jahre hergestellt wurden. Auf der Unterseite findet sich bei den Nachkriegsmodellen der Aufdruck „Schuco-Patent Made in U.S.-Zone Germany“ vor.
Technikvisionen unterschiedlichster Art
Innovative Ideen und optimistische Technikvisionen sind bis heute unverzichtbar und für die weitere Technisierung sowie den Wandel im gesellschaftlichen Umfeld prägend. Spielzeuge, Filme und Printmedien erreichen als populäres Massenmedium schnell und zuverlässig große Zielgruppen. Auch einige Serien der kleinen bunten Sammelbilder, die in der aktuellen Wechselausstellung „Heiß begehrt und viel getauscht“ des Industriemuseums zu sehen sind, nehmen sich diesem Thema auf unterschiedliche Weise an. Aufgezeigt werden die Potentiale der Zukunft, die meist Jahrzehnte später zutrafen oder zu neuen originellen Ideen anregten.
So wie das selbstöffnende Garagentor von Schuco noch eine Vorwegnahme späterer gängiger Technik war, so ist „Nautilus“ aus dem Roman „20.000 Meilen unter dem Meer“ von Jules Verne zunächst ein fiktives Unterseeboot. Verne nimmt bei der Nautilus gleich mehrere technische Entwicklungen zum Thema Antrieb und Energie vorweg.
Inventarnummer: 2012-0312
Datierung: um 1950
Material: Blech, Lack, Hartgummi, Plastik
Maße: 14 x 4,5 x 5,5 cm (lxbxh)
Hersteller: Schuco
Standort: Industriemuseum Elmshorn