Windfege
In den vergangenen Wochen herrschte auf den Feldern und Straßen Schleswig Holsteins reges Treiben. Hoch technisierte landwirtschaftliche Maschinen sorgten dafür, dass im Akkord die Ernte eingebracht wurde. In Schleswig-Holstein, so das statische Bundesamt für HH und S-H, wurde 2013 auf einer Fläche von rund 278.000 Hektar Getreide angebaut, auf der ein Ertrag von ca. 2,4 Mio Tonnen erwirtschaftet wurde. Viele Arbeitsschritte, die heute gebündelt von einer Maschine übernommen werden, mussten vor gut 150 Jahren noch mit einem Großaufgebot an Tagelöhnern bewerkstelligt werden. Schnitterkolonnen, die das Getreide mit der Sense mähten, Helferinnen, die das Korn zu Garben banden um es dann auf den Erntewagen zu staken, der mit Pferden zum Hof gezogen wurde. Schwere, zeitraubende Arbeit, die heute von zwei Personen und zwei Maschinen in einem Bruchteil der Zeit erledigt werden kann. Endet der Erntevorgang heute bereits auf dem Acker – ging es früher auf dem Hof erst so richtig los. Um das ausgedroschene Korn weiterzuverwenden musste man es von Verunreinigungen wie z.B. dem „Kaff“ (lose Strohteile), Unkrautsamen oder den Grannen befreien.
Mechanisierung in der Landwirtschaft
Eine entscheidende Hilfe dabei war die Windfege. Erst um 1800 eroberte die Windfege Schleswig-Holsteins Bauernhöfe, die diesen Reinigungsprozess deutlich vereinfachte. Zuvor wurde die Methode des Worfelns angewandt. Das Korn wurde mit einer Holzschaufel in die Luft geworfen, so dass durch den Windzug auf der Diele das gute Getreide vom Kaff und den leichten Körnern getrennt wurde. Später wurde das Verfahren durch verschiedene Kornsiebe vereinfacht. Das Museumsobjekt des Monats, die Windfege, auch „Staubkiste“ (Stövkist) oder Staubmühle (Stövmühl) genannt, kann als eines der frühen Geräte in der beginnenden Mechanisierung der Landwirtschaft gesehen werden.
Die Elmshorner Windfege besteht aus einem 150 cm langen und 120 hohen Holzkasten, in dem sich ein Flügelrad mit 5 Flügeln befindet. Über die seitliche Handkurbel wird dieses Flügelrad in Schwung gebracht, so dass es einen Windstrom erzeugt. Nachdem das Getreide mit dem Dreschflegel ausgedroschen wurde, wird es oberhalb der Maschine in den regulierbaren Trichter eingefüllt. Anschließend fällt es durch den Windstrom. Dabei fallen die guten, schweren Körner auf den Boden – die unerwünschten Verunreinigungen werden aus dem Gerät herausgeblasen. Mit nur zwei Arbeitern konnte das Reinigen des Getreides nun schneller und besser als beim Worfeln erledigt werden. Aber immer noch war es eine mühevolle und staubige Arbeit. Eine noch bessere und schnellere Auslese war mit der Siebwindfege zu erreichen, die mit zusätzlichen Rüttelsieben arbeitete.
Oftmals war es notwendig eine weitere Selektion des Getreides vorzunehmen. Um die Körner nach Größe und Saatgutqualität einzuordnen nutzte man dann eine weitere Sortiermaschine mit zylindrischen Trommelsieb.
Ende des 19. Jahrhunderts verlor die Windfege zugunsten der Dreschmaschine an Bedeutung. Um diese zu betreiben benötigte man die Dampflokomobile. Bauer Breckwohldt aus Seestermühe investierte 1911 rund 10.000 Goldmark in solch eine Lokomobile, die er bis 1965 in Betrieb hatte. Jedoch war man immer noch auf eine große Mannschaft von Tagelöhnern angewiesen, um den Dreschvorgang zu Ende zu führen. Eindrucksvoll sind die Aufzeichnungen über die anfallenden Erntearbeiten des Landarbeiters Franz Rehbein zu lesen. Inzwischen wurden Windfege und alle weiteren historischen Sortiermaschinen sowie die Lokomobile durch den Mähdrescher abgelöst.
Am Sonntag vor dem Erntedankfest steht die Landwirtschaft von damals mit Schwerpunkt Ernte und Windfege im Mittelpunkt der öffentlichen Museumsführung. Welcher Wandel vollzog sich in den letzten 150 Jahren und wie gestaltet sich heute die Arbeit auf Feld und Hof in Schleswig-Holstein.
Inventarnummer: 1988-0140
Datierung: um 1860
Material: Holz, Metall
Maße: 190 x 140 x 148 cm (lxbxh)
Hersteller: unbekannt Standort: Industriemuseum Elmshorn