Modell-Dampfmaschine mit Antriebsmodellen
Mit der Industrialisierung hielt die Technik einen grandiosen Einzug in die Kinderzimmer. Nach dem jeweiligen Stand der Technik wurden Spielsachen hergestellt: Dampfmaschinen, Fahrzeuge der verschiedensten Art, Konstruktionsbaukästen mit Holz- oder Metallteilen, Nähmaschinen und kleine Schreibmaschinen. Auch Karten- und Wissensspiele vermittelten Informationen über die Technik. Kaum waren neue technische Errungenschaften wie Lokomotiven, Automobile, Dampfer oder Telefone auf dem Markt, wurden sie als Miniaturausgabe nachgebaut.
Das Lernen im Kindesalter für das Leben als Erwachsener war von alters her ein pädagogischer Grundgedanke in der theoretischen Auseinandersetzung mit dem Spiel des Kindes. Gesellschaftliche Ansprüche an das Rollenverhalten von Mädchen und Jungen prägten das Kinderspielzeug. Die zugedachte Rolle für das Mädchen war in erster Linie die Hausfrau und Mutter. Für den Jungen dagegen der Familienernährer auf der Basis unterschiedlicher Berufe. Entsprechend wurden Mädchen und Jungen mit geschlechtsspezifischem Spielzeug bedacht. Bis heute sind für die Zielgruppe Jungen wesentlich mehr technische Spielzeuge auf dem Markt vertreten als für Mädchen.
Die Spielzeugfabrikation orientierte sich an der Nachfrage und am jeweiligen Stand der Technik dessen, was in Miniatur nachgeahmt werden sollte. Anfangs waren ausschließlich Gegenstände aus den Berufsfeldern Bauer, Jäger, Soldat oder Baumeister als technisches Kinderspielzeug zu finden. Mit der Erfindung der Dampfmaschine bahnte sich die industrielle Revolution Ende des 19. Jahrhunderts ihren Weg in die Kinderzimmer. Die zahlreichen neuen Maschinen und Fahrzeuge standen bald auch aus Blech gefertigt zum Spielen in Miniatur im Kinderzimmer bereit. Die Jungen sollten sich die moderne Technik im Spiel aneignen können.
Spielzeug- und Modelleisenbahnen gehörten zu den beliebtesten Spielzeugen von Jungen, auch wenn sie noch lange Zeit den wohlhabenden Schichten vorbehalten blieben. Vieles aus der Anfangszeit ist heute zu fast unerschwinglichen Sammlerobjekten geworden.
Die Geschichte der Spielzeugeisenbahn beginnt um die Mitte des 19. Jahrhunderts mit Lokomotiven aus Blech, die ohne Schienen von Hand angeschoben werden mussten. Schon bald bekamen die Modelle einen Antrieb mit Federaufzug und Uhrwerk oder mit Spiritusbefeuerung für den Echtdampfbetrieb. Hinzu kam Zubehör wie Schienen, Weichen, Signale und Schranken.
Das Industriezeitalter begann mit der Dampfmaschine, die die erste eigenständige Antriebsmaschine in der Geschichte der Technik war. Die Dampfmaschine war nicht an einen Standort gebunden wie zum Beispiel das Wasserrad und erzeugte eine gleichmäßige Antriebskraft, die keinen Schwankungen unterworfen war.
1783 wurde in Deutschland die erste Dampfmaschine in Betrieb genommen. In den eher landwirtschaftlich geprägten Herzogtümern Schleswig und Holstein nahmen Dampfmaschinen erst ab Ende der 1830er Jahre zu. Die Arbeitswelt veränderte sich rasant, da durch die Dampfkraft ungeheure Energie zur Verfügung stand. Eingesetzt wurde die neue Antriebsart zunächst vor allem in Ölmühlen, Kornmühlen, Eisengießereien, Zuckerraffinerien und Textilfabriken. Die Produktionsanlagen erhielten mit der Dampfmaschine ein zentrales Antriebsmittel und über Transmissionen konnten etliche Werkzeuge in Bewegung gesetzt werden.
Um 1900 kamen verstärkt Spielzeug-Dampfmaschinenmodelle aus industrieller Fertigung in Billigausführung oder als Luxusmodell auf den Markt. Sie demonstrieren eindrucksvoll die Funktionsweise der Dampfmaschine. Die Bedienung der Modelle hat sich bis heute nicht verändert: zuerst muss der Wasserkessel mit Wasser aufgefüllt werden. Danach werden ein oder mehrere Esbitwürfel angezündet und damit der Kessel aufgeheizt. Sobald das Manometer den richtigen Druck anzeigt, wird das Ventil geöffnet und dem Schwungrad ein Schubs gegeben. Nun schnurrt die Maschine los und mittels der Dampfpfeife wird es richtig laut. Aber erst mit den verschiedenen Antriebsmodellen steigt die Faszination an der Technik. Mittels der Übertragung der Drehbewegung durch die Transmission auf die einzelnen bunten Blechmodelle, fangen alle wie von Geisterhand an für einen zu arbeiten. Viele Maschinen sind mit einem Blecharbeiter versehen und auch diese sind nun unermüdlich am Holz sägen, Eisen schmieden, Bohren oder Messer schleifen.
Mit dem Fortschritt der technischen Entwicklung entstanden auch Kraftwerke, die mit Dampfmaschinen Strom erzeugten, um elektrische Beleuchtungsanlagen zu versorgen. Und auch diese Technik zog in das Kinderzimmer ein, als ein weiteres Antriebsmodell konnten nun Dynamos gekauft werden, um damit ein Lämpchen zu erleuchten.
Inventarnummer: 2001-0348