Handarbeit nach Maß: Kinderschuhe vom Schuhmacher
Seit Beginn der Menschheitsgeschichte werden sie hergestellt und gehören zu den ältesten Kleidungsstücken: Schuhe. Schon vor Jahrtausenden wickelten sich die Menschen notdürftig zusammengeschlungene Felle und Tierhäute um ihre nackten Füße, um sich vor spitzen Steinen, Dornen und Kälte zu schützen. Dies diente dem individuellen Lebenserhalt und stellte noch keinen festen Berufsstand dar. Erst im antiken Griechenland kam es zur Ausbildung der Berufsgruppe der Schuhmacher, die eine große Bedeutung für die Gesellschaft hatten und ein hohes Ansehen genossen.
Das Schuhmacherhandwerk ist auch in Elmshorn eines der ältesten und entwickelte sich schnell zum größten Handwerkszweig. Bereits im Jahre 1840, als in Elmshorn lediglich um die 5000 Einwohner lebten, stellten die Schuhmacher die größte Berufsgruppe in Schleswig-Holstein dar. In Elmshorn gab es damals ganze 180 Schuhmacher-Meister und ähnliche Zahlen für Gesellen und Lehrlinge in diesem Handwerk. Ein Schuhmacher kam damals auf zwölf Einwohnerinnen und Einwohner.
Traditionelle Schuhherstellung
Für die Herstellung eines Schuhs brauchte ein Schuhmacher einen ganzen Arbeitstag. Geübte Handgriffe und eine Vielzahl an Werkzeugen waren notwendig, um aus einem Stück Leder einen Schuh zu fertigen. Mithilfe des Schustermaßes wurde die Fußlänge des Kunden, im Fall des aktuellen Objekts des Monats eines kleinen Kindes, ermittelt und ein entsprechender Leisten ausgesucht. Mit verschiedenen Messern und Schablonen schnitt der Schuhmacher dann das Leder für die Schäfte und Sohlen zu.
Ober- und Unterleder nähte er mit der Hand, später mit der Nähmaschine zum Schaft zusammen. Unter den Leisten wurde die Brandsohle gelegt und der Schaft mit Zwicknägeln auf dem Leisten befestigt. Anschließend entfernte der Schuhmacher die Zwicknägel und zog mit dem Leistenhaken den Leisten heraus. Es folgte das Aufnähen oder Nageln der Sohle sowie des Absatzes.
Der letzte Arbeitsgang des Ausputzens war nochmals so zeitaufwändig wie die gesamte vorherige Schuhherstellung. Verschiedenste spezielle Werkzeuge wie Kantenzieher, Schnitteisen, Glättbein und Zierrädchen dienten dem Abschlichten, Glätten und Verzieren der Schuhe. Abschließend wurden Schwärze und Wachs aufgetragen und mit dem Poliereisen das Leder glänzend gemacht.
Kinderschuhe vor 75 Jahren
Beim Objekt des Monats handelt es sich um ein ganz besonderes Paar traditionell handgefertigter Schuhe. Es sind kleine Kinder-Stiefeletten aus den 1930er Jahren, die von einem Geschwister-Paar über viele Jahre getragen wurden. Die Stiefeletten sind wie früher alle Schuhe zum Schnüren und besitzen beidseitig je sechs Metallösen für die Schnürsenkel. Als Schnürsenkel wurde früher pechgetränktes Garn genutzt, das an einer Wildschweinborste befestigt und dann durch bereits vorgestochene Löcher gefädelt wurde. Die Oberfläche der Stiefeletten ist aus dunkelbraunem Leder hergestellt. Die Ledersohlen, die vom Besitzer mit Sorgfalt gepflegt wurden, sind mit schwarzem Hartgummi mehrfach geflickt. Die Hacke ist lederverstärkt und an die Sohle genagelt. Im Bereich der Zehen und des Ballens ist zu erkennen, dass die Sohle mehrfach mit kleinen Lederstücken verstärkt wurde, die nachträglich durch Nägel angebracht wurden, um entstandene Löcher und brüchige Stellen zu stopfen. Das Innenfutter besteht aus grobem Baumwollstoff, das mit einer Zahl gestempelt ist, die vermutlich die Schuhgröße zeigt.
Bestaunen können Sie unser Objekt des Monats ab sofort im vor kurzem neu eröffneten 1. Obergeschoss des Industriemuseums. Dort sind die Kinderschuhe mit weiteren Lederschuhen und Schuhmacherwerkzeugen in der Ladentheke der Schuhmacherwerkstatt ausgestellt.
Inventarnummer: 2015-0001
Datierung: um 1930
Material: Leder, Metall, Hartgummi, Baumwolle
Maße: L 14 cm, B 6 cm, H 9,5 cm
Hersteller: unbekannt
Standort: Dauerausstellung, 1. OG, Industriemuseum Elmshorn