Stempeluhr
Das Objekt des Monats März, die Stempeluhr, begrüßt die Besucherinnen und Besucher im Industriemuseum Elmshorn gleich hinter der Eingangstür. Die Eintrittskarte für das Museum ist gleichzeitig eine Stempelkarte und so kann jeder seine „Arbeitszeit“ im Museum festhalten und als Erinnerung mit nach Hause nehmen. Heute ist die Kontrolluhr unterhaltsamer Beginn der Entdeckungstour durch die Ausstellungsräume. Früher waren Stempeluhren jedoch bei der Arbeiterschaft ein verhasstes Symbol einer „Diktatur der Pünktlichkeit“.
Der Umgang mit Zeit veränderte sich durch die Industrialisierung radikal. Die extremen Arbeitszeiten, verbunden mit Pünktlichkeit, Regelmäßigkeit und Diszipliniertheit der Arbeit in den Fabriken, bedeuteten einen Bruch mit den traditionellen Arbeitsgewohnheiten. „Die Uhr ist nicht einfach Mittel, um zu wissen, was die Stunde geschlagen hat, sondern sie dient dazu, die Tätigkeiten der Menschen zu synchronisieren. Die Uhr, nicht die Dampfmaschine, ist die wichtigste Maschine des Industriezeitalters“ schrieb der 1895 geborene amerikanische Wissenschaftler und Architekturkritiker Lewis Mumford.
Das Tageslicht bestimmte das Alltagsleben
In der vorindustriellen Zeit war das natürliche Licht für viele Tagesaktivitäten unerlässlich und künstliches Licht kostspielig, meist mäßig hell und nicht überall verfügbar. So begann und endete das Tagwerk der Menschen je nach Jahreszeit und Wetterverhältnissen unterschiedlich mit dem Aufgang und Untergang der Sonne. Die Zeitrechnung war an der Natur ausgerichtet sowohl im Jahresablauf als auch in der Einteilung des Tages.
Arbeiten im Takt der Maschine
Mit der Entstehung von Fabriken wandelte sich der Umgang mit dem Faktor Zeit. Viele vom Land kommende Arbeiter mussten sich an das pünktliche Erscheinen in der Fabrik und das Arbeiten im Takt der Maschinen erst gewöhnen. In der Fabrik arbeiteten alle „Hand in Hand“ mit den Maschinen. Der Arbeiter hatte sich den Vorgaben der Maschinen, ihrem Arbeitstempo und -takt anzupassen und konnte nicht mehr nach eigenen Bedürfnissen seine Arbeit selbst einteilen oder sich dabei unterhalten. Die Unternehmer versuchten mittels Kontrolle durch Pförtner, Stempeluhr und Vorarbeiter die in den Arbeitsordnungen festgelegte Fabrikdisziplin durchzusetzen. Die Fabriksirene zeigte weithin hörbar Arbeitsbeginn und –ende an.
Alle Arbeiterinnen und Arbeiter führten pro Monat eine Stempelkarte, auf der die Zeiten von Arbeitsbeginn, Mittagspause und Arbeitsende von der Uhr gestempelt wurden. Auf der einen Seite der Stempeluhr steckten die Stempelkarten der anwesenden Arbeiterinnen und Arbeiter in einem Kasten und auf der anderen Seite die Abwesenden. Nach diesen Stempelkarten wurde im Lohnbüro der Lohn ausgerechnet, zum Beispiel wurden Verspätungen vom Lohn abgezogen.
Die Pförtner hatten am Fabrikeingang Kontrollbefugnis, sie überwachten die ein- und ausgehenden Personen und überprüften, ob Stempeluhr und Stempelkarte richtig „gedrückt“ wurden.
Schon ab 1890 forderten die Arbeitnehmerorganisationen die Verkürzung der Arbeitszeit auf täglich 8 Stunden. Erst 1918 allerdings wurde der Wunsch der Arbeiterschaft nach dem 8-Stunden-Tag Wirklichkeit.
Die Eisenbahn sorgte für Pünktlichkeit
Ab 1844 verband das bequeme und vor allem schnelle Verkehrsmittel Eisenbahn Altona und Kiel über Elmshorn. Der Beginn der Eisenbahnära hatte auch Konsequenzen für die Zeitmessung. In Altona, Kiel und Elmshorn differierte die Zeit wie in anderen Orten auch um einige Minuten bis zu einer Viertelstunde. Erst mit der Eisenbahn wurde es notwendig, die unterschiedlichen Ortszeiten zumindest für die Fahrpläne zu vereinheitlichen. Dies gelang mithilfe der Telegraphenlinie, die Zeit wurde für alle Bahnhöfe entlang der Strecke Kiel – Altona von der Hamburger Sternwarte aus verbindlich vorgegeben. Die verschiedenen Ortszeiten gab es allerdings neben der Eisenbahnzeit noch bis Ende des 19. Jahrhunderts. Erst am 1.4.1893 wurden sie durch Zeit – Zonen ersetzt, seither ist in unseren Breitengraden die mitteleuropäische Zeit (MEZ) maßgeblich. Von Ende März bis Ende Oktober gilt mittlerweile die mitteleuropäische Sommerzeit (MESZ), ursprünglich eingeführt aus Energiespargründen. Inzwischen wird die Kritik an der Zeitumstellung immer stärker, es wird keine Energie eingespart, aber der biologische Rhythmus von Millionen Menschen zweimal im Jahr durcheinander gebracht.
Ab 13. April beginnt auch im Industriemuseum wieder eine „neue Zeit“. Die Sonderausstellung „Stadtgemüse – vom Bauerngarten zur essbaren Stadt“ gibt Einblicke in die historische Entwicklung und Veränderungen des Nutzgartens in der Stadt bis hin zu modernen Formen des urbanen Gärtnerns. Alle Termine und Infos unter www.industriemuseum-elmshorn.de
Inventarnummer:1994-0017
Datierung: um 1920
Material: Holz, Messing, Glas
Maße: 112x43x31 cm (hxbxt)
Hersteller: Friedrich Ernst Benzing GmbH, Schwenningen/Neckar
Standort: Industriemuseum Elmshorn