Weihnachtsgrüße aus dem Ersten Weltkrieg
„Da wir die Festtage im Quartier lagen, konnten wir gemeinsam Weihnachten feiern“, erinnerte sich der Elmshorner Max Stehn an das Weihnachtsfest 1916 als Soldat an der französischen Front. „In den größeren Räumen versammelten sich die einzelnen Züge beim brennenden Tannenbaum. Jede Korporalschaft konnte einige Kochgeschirre Bier empfangen.“ Als Festessen, so führte er in seinen 1921 zusammengestellten Erinnerungen an den Ersten Weltkrieg weiter aus, seien Kartoffeln und Gulasch serviert worden. Zudem habe jeder Soldat neue Leibwäsche erhalten. An seine Eltern in Elmshorn sandte er per Feldpostkarte „herzl. Grüße von der Weihnachtsfeier“, wie der Rückseite unseres Objekt des Monats zu entnehmen ist.
Aus Elmshorn an die französische Front
Max Stehn (1895-1935) war im Dezember 1916 gerade 21 Jahre alt geworden und gehörte dem Reserve-Infanterie-Regiment 214 in der 9. Kompanie an. Über Weihnachten befand er sich in dessen Quartier in Nogent-l’Abesse im Departement Marne, wo er eine Ausbildung im Grabenangriffskampf erhielt. Stehn hatte sich gleich im August 1914 freiwillig für den Kriegseinsatz gemeldet, von der anfänglichen Euphorie war gute zwei Jahre später jedoch nichts mehr zu spüren: „In uns war nicht mehr die begeisterte, halb romantisch anmutende Stimmung der Kriegsfreiwilligen von 1914“, resümierte er in seinen Kriegserinnerungen. „Wir wussten, was uns draussen im Feld erwartete.“ Sein Bruder Heinrich war bereits im Herbst 1914 gefallen.
Die Weihnachtskarte von 1916 ist an seinen Vater Johannes Stehn adressiert. Die Eltern von Max Stehn lebten nach wie vor auf Kaltenweide 245 in Elmshorn, wo er mit insgesamt fünf Geschwistern aufgewachsen war. Nach dem Schulabschluss entschied sich Max Stehn für eine Lehrerausbildung, die er nach dem Ersten Weltkrieg fortsetzte. Bekanntheit erlangte er aber vor allem als Fotograf, der in zahlreichen Aufnahmen seine Heimat dokumentierte. Noch keine 40 Jahre alt, erlag Max Stehn 1935 einem Krebsleiden. Sein fotografischer Nachlass befindet sich heute neben seinen unveröffentlichten Kriegserinnerungen und zahlreichen Postkarten im Bildarchiv des Industriemuseums Elmshorn.
Max Stehn im Garten seines Hauses in der Wilhelmstraße 33 in Elmshorn, aufgenommen 1924.
Weihnachtsbotschaft aus dem Kriegseinsatz
Aus diesem Bestand stammt auch das Objekt des Monats: Die Feldpostkarte wurde vom Bremer Verlag Hauschild zum Weihnachtsfest 1916 gedruckt. Sie zeigt als Motiv die mittelalterliche Rolandstatue auf dem Bremer Marktplatz, mit blankem Richtschwert und Reichswappen ein Symbol der städtischen Gerichtsbarkeit und Reichsfreiheit. Flankiert wird die Rolandsfigur auf der Postkarte von zwei Weihnachtsbäumen mit weißen Kerzen. Den festlichen Bezug stellt zudem das abgedruckte Zitat aus der Weihnachtsgeschichte im Lukas-Evangelium her. Im Wortlaut der Übersetzung in der Luther-Bibel von 1912 folgend heißt es: „Ehre sei Gott in der Höhe, Friede auf Erden – und den Menschen ein Wohlgefallen“. Diesen Lobgesang stimmten die Engel an, nachdem sie den Hirten auf dem Feld die Botschaft von der Geburt Jesu überbracht hatten. „Friede auf Erden“ – ein Wunsch, der 1916 nach zwei Jahren Krieg groß war und den bis heute Menschen in aller Welt teilen.
Inventarnummer: S-0987
Datierung: 1916
Material: Papier
Maße: L 14 cm, B 9 cm
Absender: Max Stehn, Lehrer und Fotograf aus Elmshorn
Standort: Nachlass Stehn, Bildarchiv, Industriemuseum Elmshorn