Kleidung mit Monogramm
Drei filigrane Kupferfolien mit ausgestanzten Schriftzeichen, Zahlen und floralen Mustern, ein Pinsel sowie ein Porzellanschälchen mit Tuscheresten. Dahinter der Verpackungskarton – eine aufwändig verzierte Pappschachtel der Firma Dollfus-Mieg & Cie in den Farben Gold und Türkis. Was sich in dem Schächtelchen einst befand, verrät der Schriftzug gleich in fünf unterschiedlichen Sprachen: „Schablonen für Wäsche-Stickerei“. Doch was ist das?
Was dem ein oder der anderen heute vielleicht aus hochpreisigen Hotels bekannt ist, war noch vor gar nicht allzu langer Zeit weit verbreitet – das Besticken von Wäschestücken mit Monogrammen. Die damals übliche Wäschestickerei wird heute kaum noch betrieben. Im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts war es üblich, dass die Wäsche-Aussteuer einer jeden Frau mit ihren Initialen versehen war. Mit fortlaufenden Zahlen wurden vor allem Bettlaken und Strumpfpaare bestickt. Mädchen und junge Frauen übertrugen mit Hilfe eines kleinen Pinsels aus Pulver und Wasser angemischte Farbe auf ein Wäschestück. Die dünnen Kupferfolien dienten hierbei als Schablone, um die Stickvorlage auf das Textil zu zeichnen. Die Wäscheschablonen erleichterten die Stickarbeit, da das entsprechende Monogramm so bereits auf dem Wäschestück markiert war.
Die handarbeitende Frau
Neben pragmatischen Gründen dieser Handarbeit, die Verwechslungen der Kleidungs- und Wäschestücke in der Wäscherei oder Heißmangel verhinderte, spiegelt sich in den Stickereien ein Frauenbild vergangener Zeiten wider. Handarbeiten galt lange Zeit als typisch weiblich. Bereits im Mittelalter war die Anfertigung von Stickereien eine am Königshof angesiedelte Frauenarbeit. Junge Frauen und Mädchen übten sich still und bescheiden in der Herstellung komplizierter Handarbeiten. Im 19. Jahrhundert strebte dann das Bürgertum danach, sich dem Lebensstil des Adels anzupassen. Bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts war der Handarbeitsunterricht für Mädchen in Deutschland an den Volksschulen verpflichtend. Die Fächer Werken und Textiles Gestalten wurden lange Zeit nach Geschlechtern getrennt unterrichtet. Erst Schulreformen seit den 1970er Jahren hoben diese Teilung auf.
Weißwäsche und Aussteuer
Die Wäscheschablonen aus einem Elmshorner Haushalt greifen die Tradition der stickenden jungen Frau auf. Bereits ab einem Alter von 13 Jahren bekamen Mädchen Wäschestücke für ihre Aussteuer, die so genannte Mitgift, geschenkt. In mühsamer Arbeit wurden Handtücher, Bettlaken, Tischdecken oder Taschentücher mit dem Monogramm der zukünftigen Braut bestickt. Auf diese Weise blieb der Mädchenname auch nach der Eheschließung präsent. Die sogenannte Weißwäsche sollte nach Möglichkeit für das ganze Leben des Ehepaares ausreichen. In Deutschland wird die Tradition der Mitgift heute nicht länger weitergeführt.
Die Dollfus-Mieg & Cie Société anonyme
Die im 1. Obergeschoss des Industriemuseums ausgestellten Schablonen für Wäschestickerei wurden in der elsässischen Stadt Mülhausen hergestellt. Bis heute vertreibt die Firma unter dem Namen DMC (Dollfus-Mieg und Company) international Stickgarne und Wolle. Gemeinsam mit zwei Unternehmern begann der Namensgeber Jean-Henri Dollfus bereits im Jahr 1746 den weltweiten Vertrieb von Textilien.
Textiles Arbeiten wird heute vielfach als Hobby betrieben. Wer Interesse am Schneidern hat, ist an jedem zweiten Mittwoch herzlich eingeladen, an der offenen Nähwerkstatt im Industriemuseum teilzunehmen. Beginn ist um je 17.00 Uhr.
Inventarnummer: 2013-0022
Datierung: Anfang 20. Jahrhundert
Hersteller: Dollfus-Mieg & Cie, Société anonyme
Material: Pappe, Papier, Kupfer, Holz, Haar, Porzellan, Pigment (blaue Tusche)
Standort: Dauerausstellung 1. OG, Handarbeitsvitrine, Industriemuseum