Hier Obst, hier Wasser, hier Saft – Das Objekt des Monats September 2021. Foto: Industriemuseum
Objekt des Monats September 2021 | Der Entsafter
von Anna-Lisa De Marinis
Datierung: 1930er Jahre
Material: emailliertes Eisenblech
Maße: Höhe 39 cm, Durchmesser 26 cm
Standort: Dauerausstellung, 2. OG
Herbstzeit ist Erntezeit
In Spätsommer und im Herbst werden viele Gemüse- und Obstsorten geerntet, unter anderem der Schwarze Holunder, der in Norddeutschland auch Fliederbeere genannt wird. Er gilt als ein altes Heilmittel gegen Erkältung. Deshalb ist es sehr praktisch, zu Hause einen eigenen Entsafter und damit immer Zugriff auf haltbaren Saft zu haben. Die Herstellung von Fliederbeersaft war früher auch der Hauptgrund, weshalb viele Haushalte einen Entsafter besaßen. Fliederbeeren müssen spätestens vor dem ersten Frost geerntet werden. Idealerweise sind sie dann bereits tiefschwarz. Die Samen der Fliederbeeren sind giftig, werden jedoch durch den Entsaftungsprozess herausgefiltert.
Beim aktuellen Objekt des Monats handelt es sich um ein besonders schönes Exemplar eines Entsafters, denn der Entsaftungsprozess wird auf dem rot-braun emaillierten Objekt schriftlich dargestellt. Der Entsafter besteht aus drei verschiedenen Ebenen. Zuerst wird der gesamte Entsafter auf den Herd gestellt und Wasser in die untere Ebene gefüllt. Danach wird in die obere Ebene das Obst oder Gemüse gefüllt, aus welchem der Saft gewonnen werden soll. Durch die Hitze der Herdplatte steigt Wasserdampf aus der unteren Ebene in die Obere zum Obst hinauf und durch besagten Dampf tritt der Saft aus den Früchten aus. Die obere Ebene hat einen siebartigen Boden, der das Fruchtfleisch auffängt und durchlässig für Flüssigkeiten ist. Der gewonnene Saft sammelt sich anschließend in der mittleren Ebene und wird durch die Ablauftülle aus dem Entsafter abgelassen. Um den Saft direkt vom Entsafter in Flaschen abfüllen zu können, befestigt man einen Gummi-Schlauch an der Tülle.
Vitaminquelle über das ganze Jahr
Der Entsafter, welcher sich in unserer Dauerausstellung im 2. Obergeschoss befindet, stammt aus den 1930er Jahren. Zu jener Zeit war es noch nicht üblich, dass über das ganze Jahr sämtliche Obst- und Gemüsesorten erhältlich waren. Deshalb haben viele Familien damals den frisch aus dem Entsafter gewonnenen Saft „eingeweckt“. Das heißt: Entweder wurde der Saft direkt in Flaschen abgefüllt oder die Flaschen wurden in heißem Wasser eingekocht, falls der Saft später abgefüllt werden sollte. So blieb der Saft auch noch weit über den Zeitraum der jeweiligen Erntesaison haltbar und auch im Winter stand dann immer eine Vitaminquelle zu Hause zur Verfügung. Noch heute benutzen einige Menschen Entsafter, jedoch eher aus ökologischen Gründen anstatt zur generellen Vitaminversorgung der Familie über den Winter.