Elektrischer Krawattenbügler
Was mag es sein – ein futuristisches Elektro-Schwert, ein beheizbares Buttermesser für den Großverbraucher oder ein elektrostatischer Staubmagnet für unzugängliche Wollmaushabitate hinter Schränken und Heizungen?
Keine dieser Mutmaßungen trifft auf dieses Museumsobjekt aus dem Magazin des Industriemuseums zu – wenn es auch gleichermaßen skurril ist: ein Krawattenbügler. Wie der Reise-Bügelfaltenbügler ist auch der Krawattenbügler ein Kind der voranschreitenden Elektrifizierung der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Insbesondere in den 1950er Jahren gab es Bemühungen für nahezu jede im Haushalt anfallende Arbeit ein elektrisches Gerät herzustellen.
Im europäischen Raum nutze man zum Glätten verknitterter Wäsche bis in das 15. Jahrhundert hinein ausschließlich Instrumente, die mit mechanischem Druck arbeiteten. Zu den ältesten dieser Geräte gehörten die sogenannten „Glätt“- oder „Gniddelsteine“. Sie wurden mit starkem Andruck solange über angefeuchtete oder gestärkte Wäschestück gestrichen, bis dieses glatt und glänzend wurde. Glättsteine sind in mehreren Formen und Materialien bekannt. Zumeist bestehen sie aus farblosem, grünem oder schwarzem Glas. Die ältesten Fundstücke stammen aus dem 5. bis 8. Jahrhundert nach Christus. Zum Glätten der Kleidung blieben die Glassteine in manchen Regionen bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Gebrauch. Mit der Verbreitung der Bügeleisen wurden die Glättsteine häufig noch zum Stopfen von Strümpfen und auch zum Zerreiben von Gewürzen gebraucht. Im Schaumagazin im Konrad-Struve-Haus der Ortsgeschichte sind nicht nur ein solcher „Gniddelstein“, sondern auch verschiedene Mangelbretter ausgestellt.
Mit Mangelbrett und Rollholz wurde nur Leinenwäsche geglättet. Zum Mangeln wurde die leicht befeuchtete Wäsche zur Schonung in ein Rolltuch gehüllt und fest um die Mangelrolle gewickelt. Mit dem Mangelbrett wurde diese Rolle dann mit Druck hin- und hergerollt, wodurch das Wäschestück dann geglättet wurde. Mangelbrett und Rollholz waren häufig aufwändig bemalt und mit figürlichen Schnitzereien versehen. Es handelte sich dabei nämlich nicht nur um ein Gerät mit dem man die kostbare Leinenwäsche glättete, sondern auch um ein Brautgeschenk. Im besten Fall hatte es der zukünftige Ehemann selber für die Braut angefertigt.
Zum Glätten von Leibwäsche und Wollstoffen dienten die verschiedensten Plätt- oder auch Bügeleisen, die ab dem 15. Jahrhundert belegt sind. Es handelt sich um massive Metallplatten mit einem Griff, in der Form den modernen Bügeleisen ähnlich, die direkt in der Glut oder auf der Ofenplatte erhitzt wurden. Im Laufe des späten 17. und beginnenden 18. Jahrhundert wurden die ersten hohlen Plätteisen entwickelt, die mit Kohle oder in der Glut erhitzten Metallstücken befüllt wurden. Bis zum Siegeszug des elektrischen beheizten Bügeleisens gab es noch mehrere verschiedene Patente um das Bügeln zu erleichtern. Besonders lang hielt sich das mit Gas beheizte Bügeleisen, das mittels eines Schlauchs direkt an den Gashahn angeschlossen war.
Der Krawattenbügler aus dem Magazin des Industriemuseums stammt vermutlich aus den 1950er Jahren. Völlig überflüssig ist der Krawattenbügler aber nicht, denn Krawatten können nicht ohne weiteres gebügelt werden. Das Waschen und Bügeln von hochwertigen Krawatten ist eine delikate Angelegenheit von der Krawattenliebhaber abraten. Eine verknitterte Krawatte kann mit einem Bügeleisen zwar wieder geglättet werden – allerdings verliert sie dadurch auch ihr charakteristisches Volumen. Besser sind Dampfstöße mit dem Dampfbügeleisen ohne die Krawatte mit dem Bügeleisen zu berühren. So erklärt sich die Erfindung des Krawattenbüglers. Der aufgeheizte Metallkörper wird in das Innere der Krawatte eingeführt und durch Glattstreichen auf der heißen Fläche sollte der Stoff dann zum einen schonend von Innen geglättet und die Krawatte in Form gebracht werden ohne Volumen einzubüßen. Dennoch – durchgesetzt hat sich dieses Gerät nicht und so ist es nicht mehr im Handel erhältlich. Wer ein wahrer Krawattenfreund ist bindet seine Krawatte allerdings jedes Mal neu, löst den Knoten gleich nach der Abnahme und achtet auf eine „artgerechte“ Aufbewahrung.
Inventar-Nummer: 2004-0160
Länge: 55 cm
Material: Aluminium und Holz