Objekt des Monats Februar 2023 – Schirmmütze der Ausgehuniform des Technischen Hilfswerks
von Sonja Degenhard
Datierung: 1973/74
Material: Textiles Material, Kunststoff, Metall
Maße: 15 cm hoch, 27,5 cm breit und 25 cm tief
Hersteller und Herstellungsort: vermutlich „Joba“ (Aufdruck Innenseite)
Inventarnummer: 2022-0291
Wehrersatzdienst beim THW
Der Schenker der Mütze war von 1971 bis 1981 beim Elmshorner Ortsverbands des Technischen Hilfswerks beschäftigt. Dort leistete er seinen Wehrersatzdienst, weil er das THW interessanter als die Bundeswehr fand. Zu seiner Entscheidung trug bei, dass er das Wissen, welches er beim THW erarbeiten würde, auch privat gebrauchen konnte. Der Wehrersatzdienst war bis 2011 für alle jungen Männer vorgesehen, die nicht ihre Wehrpflicht bei der Bundeswehr leisten wollten. Andere Institutionen, wo der Wehrersatzdienst geleistet werden konnte, waren z.B. das Deutsche Rote Kreuz oder die Freiwillige Feuerwehr. Seit Aussetzung der Wehrpflicht 2011 wirbt das THW auch verstärkt um weibliche Kräfte.
Im Technischen Hilfswerk (THW) betätigen sich etwa 80.000 Menschen. Das THW unterstützt laut seinem gesetzlichen Auftrag den Zivilschutz und besteht größtenteils aus ehrenamtlich tätigen sowie aus wenigen hauptamtlich beschäftigten Personen. Unter den ehrenamtlichen Einsatzkräften herrscht bundesweit ein Frauenanteil von etwa 16 Prozent – Tendenz steigend. In Deutschland gibt es 668 Ortsverbände, zu denen auch der Elmshorner Ortsverband gehört. Seit 1959 durften Frauen beim THW arbeiten, zuerst jedoch nur als Sanitätshelferinnen oder Verwaltungskräfte. Bis in die 1960er Jahre hinein durften sie nur Tätigkeiten ausüben, die keine körperliche Anstrengung erforderten. Erst in den 1970er Jahren wurden Frauen für die gleichen Tätigkeiten wie Männer ausgebildet. In der Elmshorner Ortsgruppe des THW engagierten sich die ersten Frauen in den 1980er Jahren. Heute liegt der Frauenanteil bei etwa 10 Prozent unter den aktiven Mitgliedern, wobei dieser Anteil bei der Jugendgruppe höher als bei den übrigen Einheiten liegt.
Das THW ist seit 1953 als Bundesanstalt organisiert und versteht sich als technisch-humanitärer Helfer für die Gefahrenabwehr. Wegen der Ähnlichkeit der Einsatzwagen zur Feuerwehr wird das THW auch oft „blaue Feuerwehr“ genannt. Das THW wird nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland eingesetzt.
Die Dienstanzüge des THW
Zuerst trugen die Einsatzkräfte des THW eine graue Ausgehuniform mit Schiffermützen. Ab 1974 wurden blaue Anzüge mit Jackett angeschafft, erzählte uns der Spender der Schirmmütze. Jedoch mussten die Einsatzkräfte diese Uniform selbst bezahlen. Trotzdem besaß jeder Kamerad die Uniform. Die blauen Anzüge wurden bei Veranstaltungen und Versammlungen mit Öffentlichkeitswirksamkeit getragen. Wenn sich der Orts-, der Kreis- oder der Landesverein traf, hatten die blauen Anzüge mit den Schirmmützen ihren großen Auftritt. Außerdem standen die THW-Kräfte in ihrer Ausgehuniform vor der Kirche Spalier, wenn ein Kamerad Hochzeit feierte.
Dass der THW bis in die 1970er Jahre hinein keine vollwertig ausgebildeten, weiblichen Einsatzkräfte zuließ, spiegelt sich auch in den Uniformen wieder. Denn erst ab 1974 gab es den neu eingeführten, blauen Dienstanzug auch für Frauen: Nämlich in Form eines Kostüms mit Rock oder Hose sowie Hut und Mantel. Die Krawatte wurde bei der weiblichen Uniform durch ein dunkelblaues Halstuch ersetzt.
Einsatz in der Bergungsgruppe
Der Spender erinnert sich an eine kameradschaftliche, lehrreiche und vielseitige Zeit, besonders in den Lehrgängen des THW. Ein einschneidendes Erlebnis war für ihn der Einsatz vom 3. bis 21. Januar 1976. Wegen des anhaltenden Sturms bestand eine erhebliche Gefährdung für den Elbdeich im Bereich Haseldorfer Marsch. Es kam zum Deichbruch. Die Bergungsgruppe fuhr über die Pinnau-Drehbrücke Klevendeich nach Hetlingen, wo das Wasser teilweise so hochstand, dass die Leitpfosten an der Straße nicht zu sehen waren. In den folgenden Tagen baute die Bergungsgruppe eine Notstromversorgung auf, leistete Aufräumarbeiten, pumpte Keller leer und sicherte den Deich mit Sandsäcken. Für diesen Einsatz wurde den Helfenden aus Schleswig-Holstein am 2. April 1976 in der Bundesanstalt des THW in Bonn eine Urkunde überreicht, nämlich das „Helferzeichen in Gold“ für dankbare Würdigung der steten Einsatzbereitschaft. Auch zu diesem Anlass wurden natürlich die blauen Schirmmützen der Ausgehuniform getragen. Heute sind diese Schirmmützen nicht mehr in der Dienstkleidung des THW enthalten.
Die Schirmmütze – eine ursprünglich militärische Kopfbedeckung
Schirmmützen entwickelten sich aus den militärischen Helmen des 18. Jahrhunderts, den Tschakos. Ein Tschako besaß in der Regel vorn einen Schirm, manchmal auch hinten, um den Nacken zu schützen. Ursprünglich wie ein Zylinder oder ein Kegel geformt, verkleinerte sich der Tschako im Laufe der Zeit zur eher flachen Schirmmütze.
Viele zivile Organisationen orientierten sich bei ihrer eigenen Uniform am Militär, sodass Schirmmützen auch bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg u.a. sowohl bei der Polizei, bei der Deutschen Bundesbahn und bei der Post zu finden waren. Neben der Form ist auch das runde Emblem – die Kokarde – ein Überbleibsel der militärischen Geschichte der Schirmmütze. Die Kokarde ist nach den Farben der Deutschlandfahne in Schwarz-Rot-Gold gehalten. Über der Kokarde befindet sich das THW-Logo mit silbernem Zahnrad auf blauem Grund. In der Mitte des Zahnrades ist der Bundesadler zu sehen.
Möchten Sie die THW-Schirmmütze einmal im Original betrachten? Die Mütze befindet sich in der Sonderausstellung „HauptSache Hut“, die im 2. OG des Industriemuseums zu sehen ist. Die Sonderausstellung läuft noch bis zum 12. März 2023.