Kunst im Industriemuseum – Werbeplakat der Firma Rostock
Rauchende Fabrikschlote auf dunklem Hintergrund. Eine Produktvielfalt, die in den buntesten Farben leuchtet. So präsentierte sich die Elmshorner Fleischwarenfabrik Rostock auf ihrem Werbeplakat aus den 1920er Jahren. Mit dieser Darstellung des Warenangebots und dem Unternehmen an sich betrieb die Firma nicht nur Werbung, sondern bediente sich einer ganz neuen Kunstrichtung, dem Stil der Neuen Sachlichkeit.
Die Neue Sachlichkeit entwickelte und etablierte sich zwischen den beiden Weltkriegen, in den 1920er Jahren. Zu den typischen Merkmalen zählten eine schnörkellose und klare Bildsprache sowie die neutrale Abbildung von Gegenständen. Die Darstellung technischer Neuerungen, wie die Fabrikanlage der Fleischindustrie auf dem Plakat, war ein häufiger Gegenstand der Neuen Sachlichkeit. Alltags- und Gebrauchsgegenstände, die bisher als nicht kunstwürdig angesehen wurden, fanden nun den Einzug in die Motivwahl der Künstlerinnen und Künstler – so wie die auf dem Plakat dargestellten Wurstwaren und Konservendosen. Die Darstellung von Alltäglichem in der Kunst stellt die gesamtgesellschaftliche Stabilisierung dar, die sich zwischen dem Ersten Weltkrieg und der Weltwirtschaftskrise für kurze Zeit zu entwickeln begann.
Die Fleischwarenfabrik Rostock
Als ebenfalls typisches Merkmal der Kunstrichtung ist das auf dem Werbeplakat der Firma Rostock abgebildete Motiv zu sehen: es stellt in Form von Fabrik und Fleischkonserven die neue Technik zur Herstellung und Haltbarmachung von Lebensmitteln dar. Die Gründung der Firmengruppe Rostock erfolgte bereits 1874, als Friedrich Rostock seinem Kolonialwarenladen eine Schweinemast angliederte. Als erste Fleischwarenfabrik Elmshorns eröffneten seine drei Söhne wenige Jahre später die „Holsteinische Fleischwarenfabrik Gebr. Rostock Friedrich Söhne“.
1913 entstand auf dem Betriebsgelände in der Reichenstraße eine neue und moderne Fabrik, die bis zum Ersten Weltkrieg rund 150 Menschen beschäftigte. Auch während des Krieges war die Fleischwarenfabrik ausgelastet, da sie das Militär mir Fleischkonserven versorgte. Ein Mangel an Rohstoffen führte nach Kriegsende kurzfristig zur Stilllegung der Fabrik, die den Betrieb erst 1920 wieder aufnahm. Aus der Holsteinischen Fleischwarenfabrik entstanden die „Gebrüder Rostock, Fleischindustrie- und Handels AG“ in der Reichenstraße und die „Rostock Gebrüder Friedrich Söhne AG Margarinefabrik“ in der Schulstraße / Ecke Feldstraße.
Im Zuge der Rationalisierung automatisierte sich auch der Schlachtbetrieb der Fleischwarenfabrik Rostock. Die Schlachthausanlage wurde so zu einer der modernsten in Deutschland. Nachdem durch die Teilung Deutschlands nach Ende des Zweiten Weltkrieges ein Großteil der Absatzmärkte der Gebrüder Rostock AG wegfiel, wurde die Fabrik im Jahre 1953 schließlich geschlossen.
Heute erzählt das Plakat in der Dauerausstellung im 2. Obergeschoss des Industriemuseums nicht nur die Firmengeschichte der Fleischwarenfabrik Rostock, sondern gibt Einblicke in den Zusammenhang von Kunst und Technisierung. Rückblickend erscheint die Neue Sachlichkeit als wie geschaffen zu sein, um die Produkte einer Industriestadt wie Elmshorn zu bewerben.
Inventarnummer: 2012-0527
Datierung: 1920er Jahre
Material: Papier
Maße: H: 69,5 cm, B: 45,4 cm
Standort: Dauerausstellung 2. OG, Industriemuseum Elmshorn