Agfa-Camera Box
Einfacher denn je ist das Fotografieren auf Reisen und im Alltag geworden. Mit Digitalkamera und Handy lassen sich schnell, unkompliziert und kostengünstig die Erlebnisse und Sehenswürdigkeiten festhalten, um sie später den Daheimgebliebenen zu präsentieren, bzw. bereits im Anschluss an den Schnappschuss direkt per Datentransfer zu übermitteln.
Das Objekt des Monats, die Camera Box von Agfa, ist aus historischer Sicht gesehen noch relativ jung – dennoch von unserer heutigen Fototechnik weit entfernt. Mit der günstigen und einfachen Kamerabox gelingt es Agfa erstmals einen großen Nutzerkreis zu erreichen.
Die Entwicklung von den zunächst gängigen Plattenkameras zur Rollfilmkamera geht auf die Zeit der Industrialisierung zurück. Mit der „Kodak No. 1“ bringt Eastman 1888 eine industriell gefertigte Rollfilmkamera auf den Markt. Diese ist klein und leicht, jedoch auf Grund des hohen Anschaffungspreises von 25 Dollar nicht für jeden erschwinglich. Die Fotobranche konzentriert sich von nun an verstärkt auf die Herstellung der praktischen Handkameras und dem dazu benötigten Entwicklungsdienst für Rollfilme.
AGFA erschließt den Massenmarkt
Eastman präsentiert mit der „Kodak Brownie No. 2“ bereits 1901 eine Kamerabox, die sich äußerlich kaum von der späteren Agfa Box unterscheidet – jedoch kann Kodak den Massenmarkt nicht für sich erschließen. Die Agfa Box ist das deutsche Gegenstück zur Kodak Box und wird in verschiedenen Varianten produziert. Das günstigste Modell ist die „Box 44“. Dies ist die erste Kamera von Agfa mit einem Gehäuse aus Pappe. Der Erfolg wird ihr durch den geringen Anschaffungspreis und einer 1932 groß angelegten Werbeaktion zuteil: um die Kamera zu erwerben werden vier Reichsmarkstücke mit den einzelnen Prägebuchstaben A-G-F-A benötigt. Die Aktion soll insgesamt drei Monate andauern – nach kurzer Zeit sind aber bereits rund eine Million Agfa Boxen verkauft, was den Bekanntheitsgrad des Firmennamens Agfa deutlich steigert. Mit der Aktion hat Agfa nichts verdient. Da die neu gewonnen Kunden aber Rollfilme benötigen und diese auch entwickelt werden müssen, profitiert Agfa am Ende doch von der Aktion. Weitere Werbeaktionen, wie beispielsweise die „Prämienbox“ für besondere Schulleistungen, folgen.
Die große Anzahl von Kameraboxen in der Museumssammlung des Industriemuseums beweist deren Popularität. Als Zubehör bot Agfa eine Schutztasche aus Leder an.
Bei der Agfa Camera Box handelt es sich um eine einfache Kamera, die so genannte „Box 44“ oder auch Preisbox, für Rollfilme im Format 6×9 cm. Das rechteckige Pappgehäuse ist mit schwarzem Kunstleder bezogen, an der Oberseite befindet sich ein lederner Tragegriff. Die Kamera verfügt über zwei einfache Mattscheibensucher (einen für Hoch- und einen für Querformataufnahmen). Seitlich kann neben der Kurbel zur Filmbeförderung mit Hilfe eines Kippschalters die Belichtungszeit eingestellt werden. Dem Fotografen werden dafür zwei Möglichkeiten gegeben. Die Momentaufnahme, gekennzeichnet durch einen Punkt, belichtet den Film 1/30 Sek. Bei der Zeitaufnahme bleibt der Verschluss solange geöffnet, bis der Auslöser-hebel wieder in die Ausgangsposition gelegt wird.
Der Auslöser befindet sich direkt unter dem Hebel der Verschlusszeit. Wie viele Bilder man schon geknipst hat, lässt sich auf der Rückseite durch ein kleines, rundes Kunststofffenster ablesen. Ebenfalls auf der Rückseite verweist ein kleines Schild auf den Verkäufer, die „Photo-Spezialhandlung J.H. Koopmann Elmshorn“. Der Kaufmann und Fotograf Hermann Koopmann besaß seit den 1930er Jahren an der Holstenstraße 2 sein Fachgeschäft. Der Sohn Hans Otto Koopmann, bekannter als Per Koopmann, erlernte ebenfalls das Fotografenhandwerk und übernahm 1951 das Atelier seines Vaters. Koopmann arbeitete u.a. als Industrie- und Pressefotograf. Nach der großen Flut 1962 verließ Koopmann Elmshorn und arbeitete fortan in Hamburg als Fotograf.
Das Konrad-Struve-Haus der Ortsgeschichte beherbergt eine große Sammlung an unterschiedlichen Kameramodellen zur analogen Fotografie. Zu bestaunen sind diese wieder ab dem 4. August. Jeden Sonntag zwischen 10.00 und 12.00 Uhr und Mittwoch von 14.00 bis 17.00 Uhr.
Inventarnummer: 2006-0074
Datierung: 1932
Material: Blech, Kunststoff
Länge: 20 x 10,5 x 16,5 cm
Hersteller: Agfa
Standort: Konrad-Struve-Haus der Ortsgeschichte